Aleviten in Hamburg

Seit Beginn der Gastarbeitermigration aus der Türkei (1961) nach Deutschland leben Aleviten in Hamburg. Nach Familienzusammenführung in den 1970er Jahren kamen auch viele Aleviten in Folge des Militärputsches (1980) in der Türkei als politische und/oder religiöse Flüchtlinge nach Hamburg. Aus Gründen einer langen historischen Erfahrung der Diskriminierung und Verfolgung im Herkunftsland gaben sich Aleviten nicht öffentlich als solche bekannt. Erst im Rahmen der „Alevitischen Kulturwoche“ im Oktober 1989 traten sie an die Öffentlichkeit. Auch wenn viele Aleviten seit den 1970er Jahren in türkischen Kultur- und Arbeitervereinen engagiert waren, so wurde 1990 in Hamburg die erste Alevitische Gemeinde Hamburg-Altona (Hamburg Alevi Kültür Merkezi) gegründet. Bis zu dem Brandanschlag am 02. Juli 1993 in der anatolischen Stadt Sivas auf ein alevitisches Kulturfestival gründeten sich ca. 40 Gemeinden in Deutschland. Dieses Gewaltereignis löste große Empörung unter den Aleviten aus, so dass in kürzester Zeit viele Alevitische Gemeinden (auch in Deutschland und Europa) gegründet wurden. Die Alevitische Gemeinden in Hamburg wuchsen schnell. Heute existieren in Hamburg vier Alevitische Gemeinden in Altona, Rothenburgsort, Bergedorf und Harburg, die Mitglied des Dachverbandes „Alevitische Gemeinde Deutschland“ (AABF e.V.) sind, deren Zentrale sich in Köln befindet. Alevitische Gemeinden sind nicht nur religiös sondern auch kulturell und sozial aktiv. Sie fördern und beteiligen sich an interreligösen Aktivitäten in Hamburg. Darüber hinaus gibt es in Hamburg einige Vereine, die von Aleviten zur Förderung ihrer Herkunftsregionen in der Türkei gegründet wurden.

Heutige Situation

Heute leben in unserer Stadt ca. 40.000 Aleviten. Sie bereichern das kulturelle und religiöse Leben unserer Stadt. Die Alevitischen Gemeinden engagieren sich in den Bereichen soziale, kulturelle, politische und ökonomische Teilnahme, um auch gesamtgesellschaftliche Verantwortung in Hamburg zu übernehmen. 2012 haben die Alevitischen Gemeinden mit dem Hamburger Senat einen Vertrag zur Anerkennung als Religionsgemeinschaft nach Art. 140 GG unterzeichnet. Aufgrund dieses Vertrages sind die Alevitischen Gemeinden Partner des Senats unter anderem in religiösen Angelegenheiten wie z.B. für den „Religionsunterricht für alle“ (Rufa) oder die „Religiöse Betreuung in besonderen Einrichtungen“. Das Alevitentum ist seit dem Wintersemester 2014/15 Teil der Lehre und Forschung der Hamburger Universität, um Lehrpersonal für den dialogorientierten Religionsunterricht auszubilden.

Interreligiöser Dialog

Gemäß der Aussage „Behandle alle Menschen und Völker gleichberechtigt und gerecht“ nach dem alevitischen Gelehrten Pir Hünkar Bektaş Veli ist der gleichberechtige Dialog mit anderen Religionen und Kulturen nicht nur bereichernd, sondern ein Gebot für Aleviten. Doch der alltägliche, interreligiöse Dialog war für die meisten Aleviten in der Vergangenheit aufgrund der fehlenden rechtlichen und gesellschaftlichen Anerkennung im Herkunftsland nicht möglich. Erst seit der „Alevitischen Kulturwoche“ 1989 treten Aleviten in die Öffentlichkeit und beteiligen sich aktiv an verschiedenen Dialogforen in Hamburg und ganz Deutschland. Vor dem Hintergrund der alevitischen Ethik sollen sich Aleviten darum bemühen, im Einvernehmen mit sich und der Gemeinschaft zu leben. Das alevitische Gebot „Konflikte nur durch das einvernehmliche Miteinander und ohne Gewalt zu lösen“, kann als eine Chance für den interreligiösen Dialog gesehen werden. Nur im Dialog mit Menschen unterschiedlicher religiöser Überzeugung und säkularer Weltanschauung, kann das „Andersein“ verstanden und gegenseitige Empathie entwickelt werden.

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